Schwarz, Rot, Gold
- KK
- 23. Juli 2019
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 23. Feb. 2022

Es ist Frühsommer als er mit einem ausgezeichneten Abiturzeugnis in der Hand dem 300 Jahre alten, ehrwürdigen Gemäuer des Gymnasiums Marianum in Warburg für immer den Rücken kehrt. Josef Wirmer ist 19 Jahre alt und der Friede nach dem 1. Weltkrieg gerade mal eineinhalb. Vier Jahre Schulzeit im Krieg liegen hinter ihm. Er weiß, dass er das Recht in Deutschland verteidigen will, reist nach Freiburg und schreibt sich in der juristische Fakultät ein. Kaum angekommen, schließt er sich einer katholischen Studentenverbindung an. Anders als viele monarchistisch gesinnte Kommilitonen in der Verbindung macht er keinen Hehl daraus, dass er ein großer Verfechter der Demokratie ist. Schnell nennt man ihn „den roten Wirmer“. Er geht nach Berlin und lässt sich dort 1927 als Rechtsanwalt nieder.
Am 1. Mai, sechs Jahre später, kotzt Hitler seine braune Weltanschauung auf dem Tempelhofer Feld in die Welt.
Nur wenige Kilometer entfernt sitzt Josef Wirmer mit Freunden vorm Radio und hört zu. Es ist die Geburtsstunde des Widerstandskämpfers Josef Wirmer, der angesichts dieser menschenverachtenden Phrasen in dieser Runde klar ausspricht: „Ich werde der Feind Hitlers sein.“
Wirmer ist tief gläubig und über seine politischen und katholischen Verbindungen weit vernetzt. Er hat Kontakt zu fast jeder größeren Gruppe Widerstandskämpfer. Zwischen 1941-44 treffen sie sich auch in seinem Wohnhaus in der Holbeinstraße 56 in Berlin-Lichterfelde. Kurz bevor Stauffenberg mit der Aktentasche los zieht, sagt Wirmer zu seinem Bruder:
„Wenn unser Vorhaben nicht glückt, bedeutet das Unglück für mich. Wir werden uns dann nicht wiedersehen. Es bedeutet auch Gefahr für dich, für meine Frau und meine Kinder. Wir müssen es trotzdem wagen.“
Das Vorhaben glückt bekanntlich nicht. Am 4. August wird Wirmer verhaftet. Drei Tage später schreibt er aus der Todeszelle an seinen Freund:
„Auch der fehlgeschlagene Einsatz hat seinen Wert in sich selbst.“
Als Wirmer dem Präsidenten des Volksgerichtshofs Freisler dann im Prozess gegenüber steht, fällt er durch besondere Standhaftigkeit auf. So jedenfalls nimmt es auch der als Soldat zum Schauprozess abkommandierte, damals 26 jährige und spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt wahr.
Wirmers Stimme ist fest. So fest, dass er Freisler, der ihm Feigheit vorwirft, entgegen schleudern kann:
„Wenn ich hänge, habe nicht ich Angst, sondern Sie!“
Und als der Richter in blutroter Robe ihm sagt, er, Wirmer, werde bald zur Hölle fahren, ist er in der Lage zu sagen:
„Es wird mir ein Vergnügen sein, wenn Sie bald nachkommen, Herr Präsident.“
Wirmer, Vater von drei kleinen Kinder, stirbt am 8.9.1944 in Plötzensee. Er wird erhängt. Mit einer Drahtschlinge. Freisler stirbt 5 Monate später bei der Bombardierung Berlins durch die Alliierten. - In der Hölle wird Freisler Wirmer vergeblich suchen.
Josef Wirmer hat für das von Hitler befreite Deutschland eine Flagge entworfen. Rot mit schwarzem, goldumrandeten Kreuz nach dem Vorbild der nordischen Flaggen.
Er wählte die Farben der Demokratie, Schwarz, Rot, Gold und das Kreuz als Symbol für die christlichen Werte, gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.
Heute benutzen ausgerechnet Pegida und die Reichsbürger diese Flagge auf Demonstrationen. Was für eine Perversion der Gedanken des Widerstandskämpfers Joseph Wirmer.
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