top of page

Wo man sich beim Küssen eines Rotznäschens verlieben kann

  • Autorenbild: KK
    KK
  • 2. Juli 2017
  • 1 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 28. Apr. 2020



Es rumpelte gewaltig, als die Räder über das neue Kopfsteinpflaster von Wetzlar holperten. Die Steigung in diesen Straßen machte den Pferden zu schaffen. Ungeduldig versuchte er das Gepolter zu ertragen. Er wollte endlich zum Tanz! Aber jetzt musste er diesen Umweg nehmen. Zu alledem war es unerträglich schwül. Und was? Anstatt schon vor der Tür zu warten, keine Spur von dem Passagier, dem er seine Kutsche zum Transport anerboten hatte. Er musste also in den Hof, sogar ins Haus. Und da stand sie. Im einfachen weißen Kleid, blaßrote Schleifen an Arm und Brust. Und sie schnitt Brot. Mit der Hand. Für SECHS Kinder. "Ich machte ihr ein unbedeutendes Kompliment, meine ganze Seele ruhte auf der Gestalt, dem Tone, dem Betragen, und ich hatte eben Zeit, mich von der Überraschung zu erholen, als sie in die Stube lief, ihre Handschuhe und den Fächer zu holen. Die Kleinen sahen mich in einiger Entfernung so von der Seite an, und ich ging auf das jüngste los, das ein Kind von der glücklichsten Gesichtsbildung war. Es zog sich zurück, als eben Lotte zur Türe herauskam und sagte: »Louis, gib dem Herrn Vetter eine Hand«. – das tat der Knabe sehr freimütig, und ich konnte mich nicht enthalten, ihn, ungeachtet seines kleinen Rotznäschens, herzlich zu küssen." Und so hat er sich also hier unsterblich verliebt der Goethe und sterblich sein Werther.


 
 
 

Comments


bottom of page